Ganz gleich, was wir uns für den Samstag vornehmen, eigentlich ist er immer gleich: ein Zuhause- Ausschlaf- danach Nichtstu- Tag.
Der Chaosprinz regiert den Samstag mit fester Hand. Er sagt, was er essen will, was er machen will, wohin er gehen will.
Der Samstag endet früh. Der Chaosprinz ist müde. Weil an Samstagen kein Mittagsschlaf drin ist. Weil ja der Chaosprinz das Zepter hält. Deshalb gibt es Samstags abends ein bisschen Zeit.
Ich nutze sie schlecht, diese Zeit. Manchmal höre ich Musik, selten führen die Suppenfreundin und ich ein Gespräch. Manchmal komme ich zum Lesen komplexer Sätze. Das Auge gewöhnt sich schwer an Adorno, wenn es die Woche zuvor nur Winnie Pu und Micky Maus gab.
Ich hab mir die Gesamtausgabe bestellt. Von Adorno, nicht vom Micky Maus. In meiner Studienzeit fand ich den toll. Es war wie ein Blick über eine Mauer, ein Mäuerchen, um genau zu sein, in die weite Welt hinaus.
Vielleicht hat die Philosophie mich Denken gelehrt. Aber vor den Philosophen war da ein Mann. Glühender Verfechter der Frankfurter Schule und leidenschaftlicher Verehrer von Fantasyromanen. Er besaß eine imposante Büchersammlung. Von beidem.
Ich verehrte ihn, und deshalb lernte ich Schach, las Adorno, Kirchheimer und Löwenthal, und Adams, Pratchett und Tolkien und begann, mich für AD&D zu interessieren. Ich rauchte West Lights und trank meinen Kaffee bitter schwarz. Ich ging in Horrorfilme und bestellte in Kneipen Cuba Libre.
Ich war nie wieder so verliebt.
Heute denke ich, dass es besser war, nicht zusammen zu bleiben. Wir waren so grundverschieden, und man kann sich dem Anderen zuliebe nicht ändern.
Jedenfalls kam nach ihm nie wieder jemand. Vor ihm vielleicht schon, aber irgendwie scheint das nicht zu zählen. Vielleicht brach mein Herz damals, vielleicht dachte ich, meine einzige Chance auf eine glückliche Partnerschaft durch die Tür gehen lassen zu haben.
Vielleicht ist aber auch nicht jeder dazu bestimmt. Vielleicht müssen manche Menschen einsam bleiben. Und allein durchs Leben treiben.
Geblieben sind Noteboom und Adams, Habermas und Adorno, West Lights und bitterer Espresso.
Und eine winzige Spur Sehnsucht.