In der Anonymität des Warteraums bin ich eines von hundert Gesichtern. Gespeicherte Daten auf einem Computerchip. Ich habe Angst.
Jedes Mal, wenn die Schiebetüren des Warteraums sich lautlos öffnen geht ein Jemand hinaus, ein anderer Jemand kommt herein. Man lächelt kurz und schweigt. Irgendwann schaut niemand mehr auf. Hilflosigkeit überschwemmt den Raum.
Ich habe Schmerzen. An etwas anderes kann ich nicht mehr denken. Man schiebt mich zum Röntgen und stellt mich dort ab. Sie müssen jetzt doch nicht weinen. Es tut weh. Ach so. Man schiebt mich zurück und stellt mich dort ab.
Es vergehen Stunden. Jemand bekommt einen Gips. Jemand Tabletten. Freundlich wird ausgerichtet, es dauere noch etwas. Ich bekomme einen Schmerztropf.
Auf dich hat die Welt gewartet. Zumindest deinem festen Schritt nach zu urteilen, als du dynamisch den Behandlungsraum betrittst. Du bist Mitte Dreißig und hast nicht promoviert, also kein Grund für die Schwester, dich ständig „Doktor“ zu nennen. Du gibst dich souverän. Zuversichtlich beleuchtest du das Röntgenbild. Und erkennst nichts.
Ganz professionell hast du die Maske des milden Interesses aufgesetzt, während du mir zuhörst. Und deine Stimme klingt seltsam einstudiert, während du mir die Schmerzen zu rechtfertigen versuchst. Meinen Namen konntest du dir nicht merken. Acht Stunden habe ich auf dich gewartet. Du widmest mir zwölf Minuten.
Für jemanden bin ich jemand. Für dich bin ich ein Niemand. Hereinspaziert, herausspaziert. Schließen Sie die Tür, wenn Sie gehen, Dankeschön. Man ist höflich.
Wirklich etwas für mich tun konntest du nicht. Dazu reichte die Zeit nicht, und außerdem ist das ja auch nicht dein Job. Ich bin betäubt. Gute Besserung. Und ein gewinnendes Lächeln. Wehenden Kittels eilst du den langen Flur hinunter. Deine Zeit ist kostbar.