Nichts anzufangen mit mir seit einigen Tagen. Der Kopf schmerzt, der Hals kratzt, die Glieder tun weh – ich bin erkältet.
Kein Drama, meint der Chaosprinz und zerrt mich ungeduldig aus den Federn.
Doch Drama, halte ich dagegen, aber wie soll ich dem Kind erklären, dass Mamas Beine im Moment nicht so recht wollen, dass das Wasser sich staut und selbst die Handgelenke auf doppelte Breite anschwellen. Wie soll ich ihm zwei hoch komplizierte, seltene chronische Erkrankungen erklären, von denen ich selbst erst erfahren habe, seit sie mich betreffen. Die Erkältung, so könnte ich dem Kind jetzt erklären, die kommt einfach nur noch oben drauf.
Der Chaosprinz zeigt kein Verständnis. Er lässt keine Gnade walten. Der Chaosprinz findet, es sei einfach zu wenig los bei uns. Es regnet wie im November. Es schüttet nicht, aber feiner Nieselregen nebelt das Haar und die Klamotten ein. Ich friere. Selbst mit einer Wärmflasche und unter der schweren Daunendecke ist mir kalt. Der warme Tee ist nur bedingt hilfreich.
Der Chaosprinz langweilt sich. Selbst vor der Legokiste und mit eingeschalteter Kindersendung ist er genervt. Er möchte nach Legoland. Ins Phantasialand. Ins Hallenbad. Oder auf den Mars. Der Chaosprinz möchte einfach jetzt nur nicht hier sein in seinem unfreiwilligen Hausarrest, und wer könnte ihm das verdenken.
Ich lese derweil in einem Buch darüber, wie man herausfinden kann, wer man wirklich ist. In dem Buch steht drin, dass da niemand einem mit helfen kann, herauszufinden, wer man wirklich ist. Diese Erkenntnis passt in einen Satz, und neu ist sie auch nicht, aber da niemand so recht weiß, wer er wirklich ist, lässt es sich wirklich prima verkaufen.
Nichts los mit mir seit einiger Zeit. Ich taumele unter der Last meiner Emotionen, schwanke wie ein betrunkener Teenager. Manchmal erdrückt von Schmerz, manchmal überwältigt von Freude. Erinnerungen passieren den Tag, kreuzen die Schwerter, und das, was als Funke überspringt, entfacht ein Feuer, das nicht gelöscht werden kann. Allenfalls erstickt.
Was ist das nur, was Nostalgie ausmacht? Als sei früher alles besser gewesen.