Der Morgen ist ein wintertrüber Gedanke, über den Bergen hängt eine tiefe Nebelglocke, darunter deutet sich das Tal an. Es ist schon hell, nur sonnig wird es in den letzten Tagen selten. Der Tag vergeht unbemerkt von einer Graustufe in die nächste, ein Warten auf wärmere Zeiten.
Ich habe furchtbar anstrengende Tage hinter mich gebracht und auch heute verspricht ereignisreich zu werden. Ich denke an meine Liste und mache mir Mut. Der Tag kommt anstrengend und sorgenschwer, aber er hat nur diese vierundzwanzig Stunden. Dann kommt schon der nächste Tag.
Und so geht es weiter: Der Chaosprinz soll ein Referat über Michael Jackson halten. Jedem ist klar, dass er das nicht selbst vorbereiten kann. Also setze ich mich an den Laptop und schreibe einen Text über Michael Jackson. Ich suche in Webseiten nach kindgerechten Details, lade Fotos herunter und lege CDs bereit. Heute Nachmittag wird der Chaosprinz lesen. Und dann entscheiden, was davon er in seinem Referat verwenden möchte. Erste Grundlagen zum wissenschaftlichen Arbeiten wollen gelegt werden.
In der Grundschule hängt der Erfolg eines Kindes vom Engagement der Eltern ab. Ein jedes Ding will gelernt werden. Die Schule gibt die Vorgaben, die Eltern setzen sie um. Bildung ist ein hohes Gut, das überlässt man nicht der Schule allein. Während ich über dem Werk von Michael Jackson die Wolkendecke betrachte, die sich tief in die Welt drückt, wandern die Gedanken ab. Das Werk über Michael Jackson bleibt vorerst unvollendet.
Der Chaosprinz hat seine Cerealien nicht ausgelöffelt. Ich erkläre die Reste zu meinem Frühstück und lasse den Morgen trüb an mir vorbeiziehen. Es wäre ungerecht, dem Regen die Schuld zu geben, nur weil er sich die Welt zu seinem Spielplatz macht. Seit Wochen grauen die Tage, nehmen den Farben ihren Glanz. Alles, was ich berühre, fühlt sich kalt und trocken an. Erinnerst du dich, als im Herbst die Blätter von den Bäumen fielen, eines nach dem anderen, das klare Blau des Himmels den Winter ankündigte.
Und jetzt wartest du geduldig darauf, dass die Sonne wiederkommt und dir die Winterkälte aus dem Körper wärmt.
Wir müssen verrückt sein, denke ich, dass wir keinen Winterschlaf halten. So wie andere, klügere Tiere, die sich tiefe Höhlen in die Erde graben und schlafen, bis das Schlimmste vorbei ist. Und dann zum ersten warmen Tag wieder aufwachen, ausgeruht und unternehmungslustig.
Den Winter einfach wegträumen, denke ich, wenn schon kein Schnee fällt.