Schreiben ist anstrengend im Moment. Das Dokument der Schnipsel hat mich einige Zeit beschäftigt gehalten, dann aber nicht mehr weitergeführt. Zehntausend Wörter und viele Stunden, sie haben sich erschöpft. Umsonst ist es nicht gewesen, das ist das Schreiben nie.
Ich nenne das Schreiben am Dokument „Arbeit“. Auch für meine Ohren klingt das fremd, irgendwie lächerlich. Ich bin keine etablierte Autorin, habe nie ernsthaft etwas veröffentlicht und es ist mehr als fraglich, ob ich es jemals werde. Vor diesem Hintergrund erscheint mir mein Schreiben als persönlicher Luxus, der nur dann als Vorgang seine Berechtigung hat, wenn alle Pflichten erledigt und nun Zeit dafür übrig ist. Und wann ist das schon der Fall?
In den letzten Tagen habe ich dem Schreiben am Dokument immer öfter den Vorzug vor anderen Erledigungen gegeben. Rücksichtslos bin ich mir vorgekommen, wenn ich die Suppenfreundin wortlos das Frühstück wegräumen ließ und mich an den Laptop setzte. Ich räume das schlechte Gewissen weg. Schweigend tippe ich in das Dokument, ohne zu wissen, wohin mich das führen wird. Manchmal denke ich, genauso gut könnte ich jetzt mit der Nagelschere den Rasen kürzen.
Wie schrieb Mützenfalterin kürzlich zu Schreibprozessen: Es mangelt häufig daran, sich in seinem Schreiben ernst zu nehmen. Sich ein Ziel zu setzen und daran zu glauben, dass man es auch erreichen kann. Auch dann noch, wenn alle Selbstzweifel in einem dagegen halten.
Ich habe über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass andere Menschen – nicht zwingend in meinem Umfeld, aber im virtuellen Raum – mein Schreiben sehr wohl sehr ernst genommen haben. Mich ermutigt haben, weiterzuschreiben, weil sie lesen wollten, was ich zu schreiben hatte. Es scheitert immer wieder daran, dass ich im eigentlichen Prozess dann den Mut verliere und das dem Gedanken, ich hätte doch eigentlich gar nichts zu schreiben, das Tor öffnet. Würde Gott auf mein Leben schauen, würde er sagen: „Die schreibt gut! Sie weiß nur nicht, was sie will vom Leben.“
Im Moment weiß ich, was ich will. Das macht das Schreiben anstrengend, es ist harte Arbeit an meinen Grenzen, weil es ständig gegen die Angst zu scheitern ankämpft. Und trotzdem will ich es. Ich will diesen Prozess des Schreibens auskundschaften wie ein Pfadfinder den örtlichen Wald, in dem er schon tausendmal gewesen ist, den er sich aber noch nie genauer angesehen hat. Jeden Winkel will ich davon beleuchten, ich will durchschauen, was diese Faszination ausmacht, die mich immer wieder zu Papier und Stift greifen lässt. Und weshalb das Schreiben trotz dieses starken Gefühls der Notwendigkeit nie den Platz in meinem Leben bekommen hat, der ihm eigentlich gebührt.
Das ist alles, was ich will, für den Moment.