Schreib doch nicht immer nur über dich selbst, findet die Suppenfreundin beim Frühstück heute morgen. Immer schreibst du nur über dein Leben und den Chaosprinzen, das wirkt irgendwie reichlich egozentrisch.
Ich schreibe aber doch auch über dich, antworte ich, reicht dir das vielleicht nicht? Möchtest du mehr Erwähnung im Blog?
So meine ich das nicht, sagt die Suppenfreundin düpiert, ich finde nur, du hättest so viel, über das du schreiben könntest, aber du schreibst immer nur über dich selbst.
Egozentrismus, so belehrt mich das Lexikon, ist eine kindlich-kognitive Geisteshaltung, die davon ausgeht, dass der subjektiven Sicht ein objektiver Status zukommt. Abgesehen davon, dass Definitionen die Dinge immer so schön präzise auf den Punkt zu bringen verstehen, klingt mir diese Sicht auf die Welt und auf sich selbst in ihr zunächst einmal sehr gesund. Ein Mensch kann nur aus seiner Mitte berichten, wenn es authentisch werden soll. In den Schuhen eines anderen kann man nicht laufen, durch dessen Augen nicht sehen. Nicht umsonst steht in jedem, jemals publizierten Schreibratgeber, man soll über das schreiben, was man kennt.
Eigentlich schreiben doch alle immer nur über sich selbst. Auch wenn es nicht so wirkt, weil sie sich bis zur Unkenntlichkeit maskieren. Es ist nicht verwerflich, in seinem Leben die Hauptrolle spielen zu wollen, im Gegenteil, wir bewundern Menschen, die die Fähigkeit besitzen, in allem, was sie tun, ganz bei sich selbst zu bleiben. Und ja, man fühlt sich dabei manchmal egozentrisch und wurde einem nicht lange Jahre erzählt, das sei etwas schlechtes?
Ich konnte sehr lange nicht über mich selbst schreiben. Ich konnte nicht einmal über mich selbst sprechen. Im Schreiben versuchte auch ich, mich bis zur Unkenntlichkeit zu maskieren, und scheiterte immer wieder daran, dass ich die Erzähler meiner eigenen Texte dann nicht mehr erkannte. Wenn ich heute über mich selbst schreibe, packe ich meine wichtigsten Gedanken, also die, auf die es mir besonders ankommt, häufig in Nebensätze. Ich habe dafür keine gute Erklärung anzubieten, vielleicht ist das ein Kompromiss mit mir selbst.
Vor einigen Jahren stolperte ich beim Durchkämmen des Internets über einen Blogbetreiber, der täglich ein Foto seiner Fäkalien hochlud. Also buchstäblich einen Haufen Kacke, der sich in der Kloschüssel kringelt. Jeden Tag einen neuen Haufen Scheiße. Ich weiß nicht, ob es den Blog noch gibt, ich hab nicht gegoogelt, aber ich erinnere mich, dass es damals in der Internetgemeinde gefeiert wurde. Die Fotos waren sich alle ähnlich, manchmal kringelte die Scheiße nach rechts, manchmal nach links, manchmal hinterließ sie eine leichte Schleifspur, manchmal plumpste sie auch nur spurlos ins Wasser.
Wie viel Selbstbewusstsein braucht man, um sowas zu machen? Und ist das dann noch Kunst für die Kunst oder soll es vielmehr eine Kritik an der postmodernen Kunst sein?
In jedem Fall kann es wohl weg, sobald das Foto hochgeladen ist.
Schreibe über das, was du kennst.
Wenn du dabei täglich einen Haufen Scheiße produzierst, das macht nichts, es liegt in der Natur des Menschen, jeden Tag einen Haufen Scheiße zu produzieren. Offenbar und glücklicherweise ist das Internet mit seinem unbegrenzten digitalen Speicher genau der richtige Ort dafür.
Interessante Sichtweise, dieses Produzieren von Alltag/Sch…. Zum Glück gibt es auch Leute, die über etwas anderes schreiben, und dazu noch Andere unterhalten. Allerdings wird jede Einseitigkeit einmal langweilig, weswegen man sich immer wieder mal etwas anderes suchen muss. Das Problem mit fremden Ideen/Ansichten ist, dass jeder andere hat, die unterschiedlich ausgereift sind, sodass man sich vielleicht gar nicht versteht.
Da ist es schon sicherer, über sich selbst zu schreiben. Das verspricht wenigstens Stabilität.
Insofern stimme ich dir zu.
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