About unastre

Ich lebe mit dem Chaosprinzen und der Suppenfreundin in einer echt krassen Herde am Fuße des Siebengebirges in einem langsam in sich zusammenfallenden Holzhaus, das ich seit mehr als zwei Jahren nicht mehr verlassen habe. Ich behaupte, das sei wegen der Pandemie. 

Von meinem Fenster aus kann ich auf einen Hügel schauen, dessen Name mir seit mehr als zehn Jahren immer wieder entfällt. Es ist aber der mit dem roten Lämpchen am Gipfel. Mir gegenüber, auf der anderen Seite des Feldes, auf dem meist Raps steht, wohnt ein neurotisches Pferd. Erst kürzlich erfuhr ich, dass es offenbar Schmerzen hat. Seitdem tut es mir leid, weil mit Schmerzen kenne ich mich aus.

Die Gärten unserer Nachbarn sind elegant kultiviert. Unserer ist als einziger wild zugewachsen und wir behaupten, es sei für die Insekten, aber in Wahrheit sind wir zu arm für einen Gärtner und die Suppenfreundin ist nicht gut im Rasenmähen.

Ich schreibe, weil niemand mehr zuhört. Zum Ausgleich dafür habe ich das Sprechen eingeschränkt. Ohnehin habe ich nicht viel zu sagen und das Wenige ist nicht mal von Bedeutung.
Wenn ich schreibe, dann meist zwischen den Stühlen inmitten der Schulsachen vom Chaosprinzen, auf einem Laptop, der sich so alt fühlt, dass er mir jede Woche ein neues Update vorschlägt. Dabei höre ich immer Musik, weil Musik nur gibt und nichts dafür erwartet.

In fünf Jahren sehe ich mich immer noch hier sitzen. Ich werde im Schulchaos auf dem gleichen Laptop meine Texte in das Nirgendwo schicken, während aus dem Lautsprecher Charles Aznavour krächzt. Nicht seinetwegen, die Lautsprecher sind schlecht.

Zeit ist ein Konstrukt, an das ich nicht mehr glaube, seit ich am Himmel den Mond nicht mehr finden kann. Würde die Zeit einfach stehen bleiben, würden wir es überhaupt bemerken? Immer noch würde sich der Planet um die Sonne drehen und dabei wie auswendig gelernt seine Jahreszeiten wiedergeben, der Bauer würde danach pflanzen, düngen, ernten. Immer noch würden Kinder wachsen und Alte sterben und nur ich bleibe in alle Ewigkeit hier sitzen, starre aus dem Fenster auf den namenlosen Hügel und sende hin und wieder ein paar gute Gedanken an das neurotische Pferd.

C’est comme ça.

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