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Versfüße

Und gerade, als ich dachte, der Winter sei nun schon im Abschwung und aus dem eisigen Weiß wird ohnehin nichts mehr, schneit es gestern das kleine Schachtelhaus ein. Der Chaosprinz hat mich mit seinem grippalen Infekt, den er am Freitag aus der Schule mitgebracht hatte, ordentlich angesteckt und so hocken wir fiebernd auf dem Sofa und arbeiten die verpassten Schulstunden nach. Nachts frieren wir und schwitzen dabei fürchterlich, und es wird immer schwieriger, Luft zu bekommen.
Die weiße Landschaft macht nicht den Eindruck, als würde sie jeden Moment wieder tauen und die Krokusse sprießen lassen, obwohl es kalendarisch ja eigentlich schon Frühling sein sollte und die Medien jetzt bereits vor einem rekordverdächtigen Hitzesommer warnen. Alle paar Momente schneit es leise weiter und ich habe wie jeden Winter schon wieder ganz vergessen, wie es sich anfühlt, nicht zu frieren. Von klein auf beschäftigt mich die Frage, was sich eher aushalten ließe, extreme Hitze oder eisige Kälte, und ich weiß es einfach nicht. Ganz so wie das Mädchen. das gern Locken hätte, weil es glatte Haare hat.

Überhaupt ist die Zeit aus dem Rhythmus geraten. Manchmal reicht dafür schon ein einziger Satz. Einer, den man überhaupt nicht erwartet hatte, er kommt wie eine Gewehrkugel aus dem Hinterhalt und trifft mitten ins Ziel. Dann sitzt dir ein fremder Mensch gegenüber und weint ungehemmt in das Taschentuch, das du ihm unbeholfen gereicht hast, während du dich fragst, wie zur Hölle du in diese Unterhaltung geraten bist. Und dieser eine schändliche Satz zieht weitere schändliche Sätze nach sich und ohne Rücksicht fallen immer mehr Worte, bis die gesamte Unterhaltung an ihrem beabsichtigten Höhepunkt angekommen ist und du dich verbal misshandelt fühlst. Für den Rest des Tages ist mir übel. Irgendwann kommt die Suppenfreundin von der Arbeit und legt mir ihre kühlende Hand auf die fiebrige Stirn. Alles wird wieder gut, erinnert sie mich, denn, ganz gleich, was auf dieser Welt mit uns geschieht, unsere göttliche Seele bleibt davon unberührt.

Der Chaosprinz versucht unterdessen, im Anapäst zu dichten. Das neue Thema im Deutschunterricht ist Lyrik und es lässt sich jetzt schon sagen, dass es wohl nicht sein Lieblingsthema wird. Heraus kommt etwas, was entfernt an Dorys Walisch erinnert. Immerhin reimt es sich, wenn auch nicht im Anapäst.
Manchmal, verrate ich dem Chaosprinzen, schreibt sich so ein Gedicht von ganz allein. Vor allem dann, wenn du emotional beteiligt bist. Deshalb handeln die meisten Gedichte von verflossener Liebe, weil niemand dabei emotional unbeteiligt bleiben kann, und außerdem reimen sich unendlich viele Worte auf „verlassen“.
Und manchmal, verrate ich ihm weiter, da quält sich jede Zeile mit dir, da fällt dir auf „Mann“ nur der Reim „Zahn“ ein und was soll daraus schon für ein Gedicht werden, wenn du lediglich feststellen kannst, dass das lyrische Ich über ein Gebiss verfügt. Schließlich ist keiner von uns Kurt Tucholsky, strenggenommen war nicht einmal Kurt Tucholsky Kurt Tucholsky, zumindest nicht durchgehend.

Der Chaosprinz nickt verständig, er versteht aber nicht, weshalb seine Mutter beim Thema Lyrik plötzlich so emotional wird. Dabei liegt es ja gar nicht am Thema, sondern am Fieber, am Schnee im März und an den schlaflosen Nächten, die sich wieder einmal anhäufen wie der Schneefall auf der Schräge des Dachfensters. Wenn die Dunkelheit hereinbricht und die Einsamkeit überwältigt und es bis kurz vor Morgendämmerung so unfassbar tiefdunkel wird, die letzte Stunde so schwarz wie ein Versprechen, dass der neue Tag bald aufziehen wird, ganz gewiss wird er das, und was möchtest du dann bei Tageslicht betrachtet mit deinem Leben eigentlich anfangen? Jedenfalls keine Gedichte schreiben, findet der Chaosprinz, und schon gar nicht im Anapäst.

Manchmal ist es nicht einmal ein Satz, sage ich dem Chaosprinzen, bevor wir das Deutschheft zuschlagen und uns dem Volumen von Quadern zuwenden, manchmal reicht schon ein einziges, mächtiges Adjektiv, um alles kippen zu lassen. Die Rettung, sage ich dem Chaosprinzen, liegt dann darin, den Rest des Satzes so zu arrangieren, dass das betreffende Adjektiv an Wortgewalt verliert, damit sich der Sinn der Aussage insgesamt abschwächt. Das ist zwar nicht immer die eleganteste Lösung, aber wenn dir die Argumente ohnehin langsam ausgehen, kann dieser Kniff dir durchaus schon mal die Nacht retten. Und dann kannst du endlich ein paar Stunden schlafen und darauf warten, dass der Schnee taut und die Krokusse aus der Erde brechen.

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Eisige Kälte

Manchmal, wenn montags früh alles ausgeflogen ist und ich allein zurückbleibe, frage ich mich klammheimlich und ganz leise, wie es mir eigentlich gerade geht. Während ich die Spuren des Wochenendes wegräume, überall die Nerf-Pfeile aus den Ecken hole, damit der Hund sie nicht wieder zerkaut, die Betten frisch beziehe und die Spülmaschine ausräume, führe ich Selbstgespräche, eines von denen, die man überhaupt nur mit sich selbst führen kann, weil niemand sonst die richtigen Fragen zu stellen wüsste. In diesen Momenten bin ich ehrlich, werfe all meine Ängste und Sorgen in den Raum, spreche alte Verletzungen laut aus und konfrontiere mich mit meiner eigenen Verantwortung darin. Dabei fällt mir auf, alle paar Jahre priorisieren sich meine Sorgen und Ängste neu. Seltsam, denke ich manchmal, hätte ich gewusst, dass alles bis hierhin soweit ganz gut ausgeht, hätte ich meine Zeit vielleicht ein wenig genießen können. Daraus sollte man doch für die Zukunft lernen können, denke ich, und sich einfach weniger Sorgen machen, weniger Angst haben, aber ich weiß aus Erfahrung, dass das nicht klappt.

Draußen ist es bitterkalt geworden, Raureif liegt weiß über den Feldern und ausgerechnet heute streikt der öffentliche Nahverkehr. Die Suppenfreundin bringt erst den Chaosprinzen, dann den Dschingis Khan des Nordens zur Schule, bevor sie selbst zur Arbeit fährt. Die Schulen liegen in völlig entgegengesetzten Richtungen. An der Haustür drücke ich den Kindern noch eine warme Tasse Tee in die kalten Hände und winke dem Auto hinterher. Dann schließe ich die Tür und bin froh, heute nicht mehr irgendwo hin zu müssen. Ich rufe in der neuen Schule des Dschingis Khan an, es ist erst sein zweiter Tag und er kommt zu spät zum Unterricht. Immerhin hat er nach fast einem Monat endlich wieder Schule. Bis dahin war es ein weiter Weg und ein harter Kampf. Die Ungerechtigkeit, die dem Dschingis Khan des Nordens hier widerfahren ist, die wird wohl nie jemand gutmachen können oder auch nur wollen. Die Verantwortlichen sind erleichtert, dass die Kuh vom Eis ist, die Konsequenzen daraus muss wohl der Dschingis Khan des Nordens alleine tragen. Das ist so unfair!, rufe ich in den leeren Raum, aber es hallt mir lediglich zurück.

Das kleine Schachtelhaus friert. Durch seine offene Bauweise würde man es bei solchen Temperaturen nur warm bekommen, wenn man ausreichend Geld hätte, die Heizung ordentlich aufzudrehen. Aus diesem Grund besitzt es einen offenen Kamin, aber den darf man ohne zusätzliche Kassette leider nicht mehr anfeuern. Und so ziehe ich mich warm an, wickele mich in meine selbstgestrickte Decke, wärme meine Hände an heißem Tee und warte geduldig auf den Frühling.

In den letzten Tagen hätte ich gerne eine alte Freundschaft wieder neu aufleben lassen. Ich hatte das Handy mehrfach in der Hand, formulierte vor, verwarf, formulierte neu. Ich erinnerte mich an eine Zeit, in der die Dinge anders standen zwischen uns, und wie schön es gewesen war, an der Seite des anderen zu sein. Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, warum das manchmal einfach nicht möglich ist.

Es gibt ja Begegnungen, da geht man mit dem Gefühl tief empfundener Dankbarkeit einfach so auseinander. Die Begegnung hat ihren Zweck erfüllt und ein auf beiden Seiten gutes Ende gefunden. Sie wird nicht um eine Episode verlängert, es finden keine weiteren Begegnungen statt und allen Beteiligten ist es recht so.
Verpasst man diesen Augenblick, so scheint mir, ignoriert man dieses vom Schicksal vorgesehene Ende, mündet das über kurz oder lang erst in einem Gefühl lästiger Verpflichtung, dann irgendwann sogar in einem hässlichen Streit. Als versuche das Universum, den Fehler des fortgesetzten Kontakts irgendwie zu korrigieren. Das macht wütend. Weil das tief empfundene Glücksgefühl der Dankbarkeit damit einfach so verschwindet. Lässt man Gras über die Sache wachsen, stellt sich das Gefühl mitunter irgendwann auch wieder ein, und man erinnert sich gern. Die Zeit lässt sich aber nicht mehr zurückholen, soviel ist klar, weshalb sich immer auch eine Spur Bitterkeit zwischen die Erinnerungen mischt.

Und manchmal da hat man gar nicht vor, sich wiederzusehen. Wenn das Schicksal es aber anders plant, trifft man sich ziemlich unverhofft zwischen den Türen der Universität, beim Einkaufen oder auf einem Klassentreffen wieder. Fast wäre man an einander vorbeigelaufen, aber dann erinnert der andere sich an deinen Namen, du drehst dich um und erkennst ihn. Und dann geht man einen Kaffee trinken, tauscht Nummern aus, verspricht, sich zu melden, und tatsächlich meldet man sich bei einander, und plötzlich wächst da eine Freundschaft, aus einem tief empfundenen Gefühl der Dankbarkeit heraus, völlig unverhofft, und schließlich steht da ein riesiger Baum aus Freundschaft und Dankbarkeit, und der Garten blüht.
Selbst im eisigen Winter.

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Alte Bekannte

Eine neue Woche, ein Theaterbesuch und ein Gespräch, das nie stattgefunden hat. Eine Betrachtung auf das Leben anderer Menschen und die heimliche Erkenntnis, dass es manche gibt, die alles bekommen haben, was sie wollten, und andere, die immer wählen mussten.

Der Chaosprinz ist wieder fit und fährt heute mit der Klasse ins Theater. Montags aufzustehen ist für uns alle die Hölle. Irgendwie schaffen wir es, eine Viertelstunde vor Abflug alle im schwachen Schein der Sparleuchte am kleinen Frühstückstisch zu sitzen. Vor mir dampft ein milchig wässriges Getränk, Kaffee offenbar, der Chaosprinz lässt lustlos seine Cerealien in der Hafermilch matschig werden. Die Suppenfreundin blättert schweigend durch die Schlagzeilen des Tages. Ein Bild, wie man es nicht im Kopf hatte, als man sich nach einer eigenen Familie sehnte. Im Alltag sind halt öfter mal Abstriche zu machen. Ein Morgen wie aus der Nutellawerbung ist ein Ideal, und wir alle verlieben uns in Ideale.

In der Sache mit der vermeintlich Obdachlosen hat sich nichts mehr getan. Genaugenommen unternehme ich nichts mehr darin und so langsam verschwindet auch mein Groll darüber. Als ich noch dachte, helfen zu können, hatte ich einen Priester aus meiner Schulzeit angerufen. Er hat jetzt eine Gemeinde im Zentrum und die Freundin hatte ihn bereits dreimal kontaktiert. Ich wollte mich mit ihm besprechen, ob er bereits etwas erreicht hatte und wie man jetzt weiter vorgehen könnte, und bat deshalb seine Sekretärin um einen Rückruf. Der ist nie erfolgt und heute bin ich dankbar dafür. Das Gespräch, das beinahe stattgefunden hätte, geistert trotzdem durch meine Gedanken. Sätze, die ich mir vorsichtshalber zurecht gelegt und dann nicht gebraucht hatte, die mein Kurzzeitgedächtnis nun getrost verlassen könnten.
Ich wäre nervös gewesen vor diesem Gespräch. Denn der Priester und ich waren nach meinem Abitur in so etwas wie Unfrieden auseinander gegangen. Genaugenommen war ich unzufrieden, ihm wird es wohl eher gleichgültig gewesen sein.

Übers Wochenende war wieder der Dschingis Khan des Nordens hier. Er aß brav den ungeliebten Blumenkohlauflauf mit Kartoffeln mit, räumte mit dem Chaosprinzen das Kinderzimmer auf und verwandelte es gleich darauf wieder mit ihm in eine Chaoshöhle. Und nebenbei erzählte er uns, seine Eltern fänden, er sei zu alt für ein Kostüm und kauften ihm deshalb dieses Jahr keines. Das machte nicht nur den Dschingis Khan des Nordens traurig, sondern auch mich. Als Rheinländerin mit Migrationshintergrund gibt es keinen einzigen Karneval, den ich habe ausfallen lassen. An manche erinnere ich mich noch gut, an andere nicht mehr so richtig. Jedenfalls ist Karneval keine Frage der Wahl im Rheinland. Gefällt es dir nicht, dann zieh halt in ein anderes Bundesland. Bei uns gibt es Brings und Bläck Fööss, Umzüge und jede Menge Kamelle, Strüßche und Bützje, Kölschstangen, halve Hähne und Alaafrufe! Zu alt wird man dafür nicht. Auch mit Zweiundneunzig nicht! Und so verbrachte ich einige Zeit des Wochenendes damit, dem Dschingis Khan des Nordens ein geeignetes Kostüm zu suchen.

Man wird älter, man entwickelt sich, so Gott will, man begreift, dass Wut und Ärger etwas ist, was nur einem selbst schadet, und Vergebung deshalb unausweichlich zum Leben dazu gehört. Man pflegt seinen Glauben und erkennt, dass der Richter über die Welt und alles, was es auf ihr an Verbrechen und Ungerechtigkeiten gibt, ein Anderer, ein Größerer ist. Das packt einem eine ungeheure Last von den Schultern.
Der Priester hat damals mit seinem Glauben arg gehadert. Er war jung, umgeben von einem Haufen pubertierender Mädchen, die ihn mit lang getuschten Wimpern und sorgfältig bemalten Lippen von der Schulbank aus anhimmelten. Die sich haufenweise Probleme ausdachten, nur um in seine Seelsorgesprechstunde zu kommen. So ein Priester ist eine sichere Bank für die erste Schwärmerei, ähnlich einem Schauspieler oder Rockstar, dem man ohnehin nie begegnen würde. Wie weit das Ganze nun tatsächlich gegangen war, darüber gab es lediglich ein paar unzuverlässige Gerüchte, die durch die Schulflure flüsterten. Für den Priester wurde die Situation jedenfalls reichlich unbequem und nach nur drei Jahren an der Schule hielt er im Abschlussgottesdienst anstelle der Predigt eine flammende Rede vor der im Dom versammelten Schule, in der er nicht nur seinen Rücktritt bekanntgab, sondern auch detailliert die Umstände, die zu seiner Entscheidung geführt hatten. Das war damals schon ein mittlerer Skandal. Ich verstand auch nur die Hälfte davon und fand, der Priester hätte sich preiswert aus seiner Verantwortung für die Schülerinnen herausgezogen. Lange Jahre nahm ich ihm das insgeheim sehr übel.

Mitte März organisiert der Bürgerverein einen gemeinsamen Frühjahrsputz. An zwei Nachmittagen wird kollektiv der Müll zusammengesammelt. Unter anfänglichem, schwachen Protest habe ich die Jungs dafür angemeldet. Ich habe ihnen erklärt, dass, wenn sie es nicht tun, es niemand tun wird. Das konnten sie gut nachvollziehen und freuen sich nun darauf, mit Warnweste und Gartenhandschuhen durchs Dorf zu ziehen.

Man wird älter und abgeklärter. Man erfährt Dinge, von denen man lieber nicht erfahren hätte, begreift, dass wir uns auf der Welt wie der Globus selbst unablässig umeinander drehen, manchmal links, manchmal rechtsherum nehmen wir Kontakte auf und lassen sie wieder fallen. Man liest Geschichten über Arschengel und weise Sprüche gleichmütiger tibetischer Mönche, lernt Distanz und eigene Grenzen kennen. Man versteht, dass man selbst die Hand ist, die gereicht wird, denn sonst tut es niemand. Wir begegnen einander, angeblich immer zweimal, und begleiten einander auf unterschiedlich weiter Strecke und je älter ich werde, desto kostbarer wird mir meine Zeit, und ich fange an zu priorisieren, wem ich diese Zeit schenke. Der obdachlosen Freundin nicht und auch dem alten Priester nicht mehr. Mein Leben hat mit dem vor fünfunddreißig Jahren nicht mehr viel gemein, und ich danke täglich mindestens einmal dafür. Natürlich lässt sich die Vergangenheit nicht einfach abstreifen wie ein viel zu eng gewordener Mantel. Sie wird immer mir gehören, bis zum Schluss bei mir bleiben. Die Lücken in meinem Lebenslauf werden sich niemals schließen lassen, das weiß ich und bin auch bereit, den Preis dafür zu bezahlen.

Der Chaosprinz hat um ein Uhr schulfrei. Die Suppenfreundin ist unterwegs und wird ihn dann gleich abholen. Manchmal frage ich den Chaosprinzen, ob er sich geliebt fühlt. Er begegnet dieser Frage immer mit einer Mischung aus unverhohlenem Unverständnis, aufrichtiger Selbstverständlichkeit und einer winzigen Spur Verlegenheit. Heute soll es Spinat mit Rührei und Püree geben. Und hinterher vielleicht einen Schokopudding mit Vanillesoße.

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Dicke Luft

Alle Vöglein sind ausgeflogen, zurück blieben der Kater und ich. Der Kater schätzt meine Gesellschaft nicht, er hat sich in den Keller verzogen. Ich sitze vor der kalten Tasse Kaffee und spiele in meinem Handy Backgammon. Es ist mir nicht aufgefallen, wie es plötzlich still um mich wurde, obwohl alle sich ordentlich verabschiedet hatten und der Kuss des Chaosprinzen noch auf meiner Stirn brennt. Bis mich ein Geräusch von meinem Nichtstun ablenkt, das ich kenne. Ich brauche trotzdem etwas Zeit, es zuzuordnen – die Lüftung vom Laptop.
Die Suppenfreundin war zuletzt am Laptop. Sie hat ihn nicht heruntergefahren. Normalerweise ist sie die Strompolizei im Haushalt. Alles, was wir anlassen, schaltet sie gnadenlos ab, berechtigt oder nicht. Das gilt aber nur für uns, sie selbst lässt das Licht brennen, den Laptop laufen, den Fernseher auf standby.

Es ist ein Charakterfehler der Suppenfreundin, Dinge an anderen Menschen ausgiebig zu kritisieren, obwohl sie sie selbst gar keine Kritik vertragen kann. Wenn ich im Stress mit dem Chaosprinzen bin, weil er nicht will, wie ich es gerne hätte, kommen haufenweise korrigierende Zurufe vom Spielfeldrand. Die Suppenfreundin und ich sind deshalb im Augenblick keine guten Freunde, im Augenblick gehen wir alle drei uns gehörig auf den Zeiger. In solchen Phasen kann der Chaosprinz es der Suppenfreundin auch gar nicht recht machen. Ständig flippt sie bei jeder Kleinigkeit aus, verliert schnell die Geduld und mäkelt am Chaosprinzen herum. Sie ist nicht wütend auf den Chaosprinzen, sie ist wütend auf mich, aber der Chaosprinz gibt ihr den willkommenen Anlass, hemmungslos herum zu motzen.

Ich bin nicht gut dran die letzten Tage. Der Chaosprinz war die Woche krank und aus der Schule kamen stapelweise Arbeitsblätter zum nacharbeiten. Sechs Schulstunden plus Hausaufgaben aus vier Tagen wollten nachgeholt werden. Die Motivation des Prinzen sank auf Minusgrade. Während die Suppenfreundin demente ältere Herren im Park herumschob, schrieben wir Tierbeschreibungen, berechneten Flächeninhalte und legten einen Taschengeldplaner an. Wir lernten Englisch Vokabeln und Possessivbegleiter, suchten weit entfernte Orte im Atlas und legten eine Liste der evolutionären Adaption bei Fledermäusen an. Die Hausarbeit blieb liegen, gegessen wurden Sandwiches und das Wohnzimmer verwandelte sich in eine Lagerhalle für Büroartikel und Erkältungsutensilien. Die Suppenfreundin kam nach der Arbeit jeden Abend in das Chaos unseres Tages, räumte auf, fegte den größten Dreck weg, kochte notdürftig irgend etwas Warmes, ging mit dem Hund raus und fiel danach ins Bett. Die Suppenfreundin ist keine Hausfrau. Sie hat keine Ahnung, wie man einen Staubsauger bedient oder ein Omelette macht, das haben für die Suppenfreundin immer andere gemacht. Die Suppenfreundin kann nur sich selbst versorgen, allenfalls noch ein Haustier, alles darüber mündet schnell in völliger Überforderung. Deshalb haben wir auch keine Zimmerpflanzen.

Da sucht man sich dann Strategien. Meine ist, die Dinge zu priorisieren und die unwichtigen dann einfach unerledigt zu lassen. Nach zwölf Jahren mit einer neurologischen Muskelerkrankung lernt man schnell, seine Kraft einzuteilen, denn tut man es nicht, dann ist sie bereits mittags aufgebraucht. Und wo meine Prioritäten liegen, daraus habe ich ja nie ein Geheimnis gemacht. Der Chaosprinz kommt immer zuerst. Das ist mein Charakterfehler, findet die Suppenfreundin. Und in gewisser Weise hat sie damit sogar Recht. Es gibt doch diese Flugzeuganweisungen, die hinter jeder Sitztasche klemmen. Darin wird ausdrücklich beschrieben, dass man im Notfall die Sauerstoffmaske immer zuerst über das eigene Gesicht zieht, bevor man den Kindern hilft, ihre anzulegen. Der Sinn dahinter ist einleuchtend: Wenn man selbst nicht mehr atmen kann, kann man auch keinem anderen helfen. Aber ist es nicht seltsam, dass ich darüber wirklich lange nachdenken musste? Und mich im Notfall dann doch immer anders entscheiden würde? Manche von uns haben das aber richtig gut drauf. Wir fliegen nicht – aus tausend Gründen – aber würden wir es tun, könnte ich mich im Notfall darauf verlassen, dass die Sauerstoffmaske der Suppenfreundin auf jeden Fall sitzt.

Gestern Mittag fiel wie jeden Freitag der Dschingis Khan des Nordens hier ein. Erleichtert, der Enge seiner Unterkunft zu entkommen, und froh, einen Gleichaltrigen zu sehen. Denn der Dschingis Khan des Nordens sitzt immer noch ohne Schulplatz zu Hause rum und langweilt sich. Sein Fall liegt zwar mittlerweile beim Dezernat der Bezirksregierung, aber da liegt er richtig gut. Nächste Woche ist Karneval und ob bis dahin überhaupt noch etwas entschieden wird, ist im Rheinland eher fraglich. Manchmal denke ich, das wäre doch jetzt eigentlich der perfekte Augenblick, meine Jugendambitionen einer investigativen Journalistin neu aufzulegen. Ich begnüge mich damit, dem Dschingis Khan schweren Herzens Geduld anzuraten.
Immerhin haben wir uns dieses Jahr noch halbwegs rechtzeitig um ein neues Kostüm bemüht. Das alte war schon ein, zwei Nummern zu klein geworden. Jetzt hat der Chaosprinz das gleiche bekommen, nur ein, zwei Nummern zu groß. Es musste ein Frosch sein, ein ganz bestimmter Onesie, den er auch ohne Karneval gern anzieht, da ist der Chaosprinz nämlich eigen. Der Dschingis Khan des Nordens legt derweil für die beiden Jungs eine gute Strategie zur Sammlung von Süßigkeiten auf dem Umzug fest.

Bald fliegen die Vöglein wieder ein. Ich merke es am Kater, der die Ankunftszeit irgendwie immer eine halbe Stunde vorher ahnt. Langsam kommt er die Kellertreppe hinauf, den Schwanz spitz in die Luft gereckt stolziert er am mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen und legt sich auf dem Flurteppich unübersehbar in Pose. Ich werde den Eintrag beenden und dann den Laptop kommentarlos herunterfahren. Heute soll es Pizza geben für die Jungs.

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Anstrengende Zeiten

Die letzten Tage waren angefüllt mit Problemen, die nicht uns gehören und trotzdem gelöst sein wollen. Wie ein Uhrwerk laufe ich: Telefonat hier, Gespräch dort, Email schreiben. Was ich herausfinde, klingt ungeheuerlich. Ein Schüler, die aus Gründen der Kommunalpolitik in eine Schule geschickt wird, die ihn nur deshalb aufnimmt, weil sie die Quote erfüllen muss. Sie weiß, sie wird ihn nach der Erprobungsphase wieder los, auf die eine oder andere Weise. Ein Förderbedarf der im AO-SF Verfahren von der Grundschule festgestellt wurde, fällt dabei unter den Tisch, er wird einfach vergessen. Nach der ordentlichen Kündigung will ihn aufgrund der fehlenden Förderung der letzten zweieinhalb Jahre jetzt keine Schule mehr aufnehmen. Eigentlich müssten hier Köpfe rollen. Wir sprechen von Veruntreuung von Geldern, Betrug und Vorspiegelung falscher Tatsachen. Wir sprechen von Verantwortungslosigkeit und mangelnder Fürsorge für ein zwölfjähriges Kind.

Die sich dem Ende zuneigende Woche verbrachte ich im Gespräch mit den höchsten Schulgöttern: Dezernenten der Bezirksregierung, Schulräten, Direktoren. Ich höre mir Geschichten an, Rechtfertigungen, Erklärungen. Es dauert, bis ich begreife, was da eigentlich passiert ist, und insgeheim denke ich, wäre das ein deutsches Kind, dann würden die Eltern seine Rechte kennen, und dann läge das Ganze längst bei einem Anwalt. Wäre ich kräftiger, würde ich die Presse informieren. Gäbe es ein Interesse an Kindern als wichtigste Ressourcen unserer Zukunft, müsste hier gerade alles in die Luft fliegen. Vielleicht werde ich, sobald das Kind ordentlich beschult wird, die Geschichte öffentlich machen. Vielleicht nur hier. Um einfach die Ungeheuerlichkeit aufzuzeigen, mit der nicht nur zweieinhalb Jahre Fördergelder eingestrichen wurden, sondern mit der Zukunft von Kindern gespielt wurde. Vielleicht stelle ich den Direktor bloß, der mich gestern kleinlaut darum bat, die Zeugnisse der vergangenen zweieinhalb Jahre vorbeizubringen, damit sie umgedruckt werden können. Das Armutszeugnis seiner Versäumnis würde dann einfach durch den Reißwolf geschickt.

Parallel dazu beschäftigte mich die Geschichte einer alten Schulfreundin, deren Hilferuf mich stellvertretend, aber vertraulich über weitere Schulfreundinnen erreicht. Sie ist seit August obdachlos. Zwei Wochen engagiere ich mich auch hier auf allen Ebenen, suche nach Lösungen, finde Ansprechpartner, ziehe Strippen. Es stellt sich heraus, dass der Fall schon stadtbekannt ist. Durch die Blume gibt man mir zu verstehen, dass ich besser die Finger davon lasse. Denn besagte Schulfreundin schafft es offenbar immer wieder, andere Menschen so heftig zu manipulieren und unter Druck zu setzen, dass sie sie bei sich aufnehmen oder ihr eine private Unterkunft zahlen. Das Muster ist schnell ausgemacht: immer wenn sie ihr Interimsdomizil verlassen soll, droht sie, sich etwas anzutun. So lässt sich dann schnell wieder eine Alternative finden. In der Zwischenzeit lehnt sie ab, sich beraten zu lassen, ihre Schulden zu sichten und sich selbst um eine Bleibe zu kümmern. Sie lehnt aber auch alle konkreten Hilfsangebote öffentlicher Stellen ab. Die sind ja auch alle nicht nötig, solange sich nur ausreichend Idioten finden, die ihren verantwortungslosen Lebensstil bereitwillig finanzieren, sobald sie ihnen verzweifelt ins Telefon schreit, niemand würde ihr helfen wollen, die ganze Welt habe sich gegen sie verschworen und überhaupt seien alle ja ohnehin nur hypokritische Tölpel außer ihr selbst. Das hat weite Kreise durch die Stadt gezogen, soviel wird mir schnell klar. Ich informiere die anderen Beteiligten und versuche sie davon zu überzeugen, dass es keine Hilfe geben kann, wenn jemand sich vehement weigert, sie anzunehmen. Zwei Wochen lang halten mich alte Schulfreundinnen nachts wach, um die Inszenierung der vermeintlich Hilfsbedürftigen aus allen Blickwinkeln zu beleuchten. Und immer wieder verhallt ungehört mein sanfter Hinweis darauf, dass es für eine geförderte Wohnung mit negativer Schufa in einer solchen Großstadt mehr als nur eine Fee mit Feenstaub bräuchte. Dass es um die Wohnung aber gar nicht gehe. Und dass man die Schulfreundin eher dazu ermutigen sollte, sich professionelle psychologische Unterstützung zu suchen, statt den nächsten Hausarzt, der ihr in ihrer Eigenmedikation Psychopharmaka verschreibt.
Vor zwei Tagen stand ihr nächster Auszug an. Die Schulfreundin tobt. Sie wird ausfallend, sie droht. Ihr Publikum ist beunruhigt und verunsichert. Schließlich packt sie ihr Handy und fährt los, auf dem Tisch liegen drei Abschiedsbriefe, die sorgfältig geplante und immer wieder ausgeführte Inszenierung erreicht ihren vorläufigen Höhepunkt. Hektisch werden Nachrichten hin und her geschickt, angespannt wird die Lage beobachtet. Eine Nacht voller Gespräche bricht an, die Polizei wird informiert und bringt die Schulfreundin schließlich in die Notfallambulanz der Psychiatrie. Von dort wird sie nach einem halbstündigen Gespräch wieder entlassen. Ich beobachte mich dabei, wie ich selbst zwischen Angst, Mitgefühl und Abscheu vor dieser Schmierenkomödie stehe. Schließlich findet sich gegen Morgen der nächste Idiot, der ein Air B&B für die nächsten sechs Wochen finanziert. Ihr Ziel hat die Schulfreundin wieder einmal erreicht und alle atmen erleichtert auf. Eine Fortsetzung ist für heute in sechs Wochen angesetzt.

Heute früh befällt mich eine ungeheure Erschöpfung infolge meines zweiwöchigen Ausflugs in die ehrenamtliche Sozialarbeit.
Ich werde versuchen, die Schulgeschichte des Dschingis Khan des Nordens zu klären, im Sinne des Kindes die Familie bei ihren nächsten Schritten zu unterstützen, und mich dabei nicht von obersten Schulgöttern einschüchtern zu lassen. Hilfe, die ich gern angeboten habe, auch wenn dieses Schuldrama mich an den Rand meiner Kräfte gebracht hat. Das und sehr viel mehr hat der Dschingis Khan des Nordens absolut verdient. Das und sehr viel mehr hätte jedes Kind verdient.
Was die gestörte Schulfreundin angeht, so werde ich sie und all ihre künftigen Komparsen ihrem schlechten Bühnenauftritt überlassen müssen, denn dieses schmierige Drama um ausgemachte Verantwortungslosigkeit, manipulative Egozentrik und undankbare Hybris hat mir nicht gefallen. Ich verlasse deshalb dieses Theater unter Buhrufen.

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Wer wir sind

Es gibt Nächte, da ist an Schlaf nicht zu denken. Diesig verhangene Felder im Mondschein vor dem Fenster. Ich liege bequem zwischen gestern und morgen, aber jetzt ist heute, denn heute ist immer jetzt.
Die Suppenfreundin schrieb am frühen Abend, sie sei eine Suppe essen gegangen, was auch sonst, sie schrieb, sie sei allein, aber nicht einsam. Ich bin nicht allein, schrieb ich zurück, nur unendlich einsam.
Es gibt Nächte, in denen ich vor Müdigkeit kein Auge zu bekomme, und ich liege wach und denke, wie gut es all den braven Bürgern jetzt geht, denn brave Bürger schlafen nachts ruhig in ihren Betten von Ikea.
Alles, was ich wollte, wenn ich einmal groß und für mich selbst verantwortlich bin, war eine gute Erklärung. Und jetzt laufe ich barfüßig über Scherben.
Es gibt Nächte, in denen ich nicht weiß, wohin ich meine Sehnsucht tragen soll. Meine unbändige Lust auf Frühling und blühende Narzissen. Ein Waldspaziergang wäre jetzt schön, denke ich, auch wenn es kalt ist und Nacht ist, aber ganz grundsätzlich sollte man doch eher antizyklisch leben statt mit dem Strom zu schwimmen. Andererseits führt der Strom immer ins Meer und da wollen wir doch alle mal hin.
Manchmal frage ich mich, wie ich an so viele falsche Menschen geraten konnte und wo denn dann all die richtigen sind. Und dann stelle ich wie zufällig fest, dass die richtigen trotzdem irgendwie immer zu einander finden, weil so groß ist die Welt ja auch wieder nicht.
Jedenfalls gibt es diese Nächte, da ist an Schlaf nicht zu denken, da drehe ich mich von der einen auf die andere Seite und freue mich, wenn in ein paar Stunden der neue Tag beginnt.
Und wenn er dann da ist und das erste Morgengrauen sich durch das Dunkel der Nacht bricht, dann werde ich müde. In der Sicherheit des Tageslichts würde ich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen und einfach nur schlafen.

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Sonntag

Ein ruhiger Sonntag vor dem Ansturm auf die neue Woche. Es ist nicht so weiß, wie ich es gern hätte, aber immerhin liegt der Schnee noch und richtig kalt ist es auch. Ich könnte jetzt gut einige Wochen Urlaub vertragen, am liebsten irgendwo in den Bergen, wo eine dicke Schneedecke über der Welt liegt und es bei jedem Schritt knirscht. Es geht aber ungebremst weiter mit dem Leben und dem ganzen Rest.
Meine Zeit und Aufmerksamkeit gehört nächste Woche vor allem dem Dschingis Khan des Nordens, dem besten Freund des Chaosprinzen. Der hockt nämlich in einem riesigen Durcheinander. Seine Schule hat ihm den Ausbildungsvertrag gekündigt, eine neue Schule ist noch nicht gefunden, und so saß gestern seine Mama erschöpft und überfordert vor mir und sprach davon, wie gern sie diesem ganzen bürokratischen Dschungel entfliehen würde. Der Dschingis Khan des Nordens übersetzte, so gut es eben ging mit einem dicken Kloß im Hals.

Der Dschingis Khans des Nordens lebt mit seinen Eltern und den beiden jüngeren Geschwistern seit über acht Jahren in einem beengten Raum mit Gemeinschaftsküche und Sammelbad, aber ohne Hoffnung darauf, wie es überhaupt mit ihnen weitergehen könnte. Seit wir ihn kennen, spricht der Junge sehnsüchtig davon, wie sie eines Tages, wenn es für sie wieder sicher ist, in die Heimat zurückkehren werden. Eine Sehnsucht, mit der die Eltern ihn täglich füttern, obwohl sie überhaupt nicht vorhaben, zurückzugehen. In Ermangelung eines qualifizierten Dolmetschers muss der Dschingis Khan überall für seine Eltern übersetzen, seit er der deutschen Sprache mächtig ist, und trägt damit eine Verantwortung, die viel zu schwer ist für seine schmalen Schultern. Der Druck ist so groß, die Verzweiflung viel zu viel für dieses Kind. Und so gibt der Dschingis Khan des Nordens diesen Druck in der Schule ab, wenn er mit anderen Kindern in Konflikt gerät. Die Schule kommunizierte den Eltern diese Problematik auf den Elternsprechtagen. Übersetzen musste das wieder der Dschingis Khan des Nordens und auf den Kopf gefallen ist der Junge ja nun nicht. Das Bild, das sich von der Situation für die Eltern zeichnete, war demnach keinesfalls ein vollständiges. Und so schaukelte sich die Lage immer weiter hoch, bis die Schule im November schließlich die Kündigung aussprach.
Viel ist seitdem nicht passiert. Der Druck wuchs unbemerkt ins Unermessliche und am Freitag bat der Dschingis Khan des Nordens in einer verhaltenen whatsapp um Hilfe. Entsetzt versuchte ich, mir ein Bild der Gesamtlange zu machen. Ich rief seine Klassenlehrerin an, die sich ausreichend Zeit nahm, mir etwas überspannt ihr grenzenloses Desinteresse an dem Jungen zu versichern. Ich bat um einen Aufschub bis Ende nächster Woche. Obwohl die Schule gesetzlich dazu verpflichtet ist, das Kind bis zum Eintritt in die neue Schule zu beschulen, gab sie meiner Bitte nur widerwillig nach. Das sei das Kind nicht wert, erklärte sie mir, und dass eine neue Schule für den Dschingis Khan wohl kaum zu finden sein würde. Das habe sie auch den Eltern gesagt, worauf diese nun überlegten, in ihre Heimat zurückzugehen. Das, sagte die Lehrerin, wäre wohl auch die beste Lösung. Für wen, das sagte sie nicht.
Einen Plan habe ich noch nicht. Ich habe einige Menschen angerufen, einige Bitten formuliert, einige Möglichkeiten eruiert. Mit einer wundervollen Therapeutin gesprochen, die mir sofort einen Platz für den Jungen angeboten hat. Mit einer herzensguten Gemeindereferentin, die versprach, sich für die Finanzierung der Therapie einzusetzen, sollte die Bürokratie querschlagen. Mit einer ehemaligen Sozialarbeiterin, einer befreundeten Lehrerin. Wenn alle, mit denen ich ab morgen in Kontakt treten werde, ein winziges bisschen Wohlwollen zeigen würden, nur etwas guten Willen der Entscheider, darum bitte ich an diesem Sonntag Gott, den Allmächtigen.
Draußen fischen die Jungs unbeschwert dicke Scheiben Eis aus dem maroden Gartenteich und lassen sie auf der Terrasse in tausend Stücke zerschellen. Aus dem Meer an Eisbrocken holen sie hin und wieder einen heraus, um ihn mir durch die Glasscheibe zu zeigen. Bis sie schließlich einen finden, den sie zu einem kleinen Herz schnitzen können. Das kalte Herz legen sie mir vorsichtig durch das Fenster in meine Hand.

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Zeugnistag

Das erste Zeugnis der weiterführenden Schule wurde mit viel Angst und Unbehagen erwartet. Obwohl die schriftlichen Leistungen des Chaosprinzen recht gut sind, ist seine mündliche Beteiligung überall reichlich schlecht. Anders ausgedrückt läuft das Lernen für den Prinzen ganz gut, das Gelernte aber auch im Unterricht zu kommunizieren, klappt überhaupt nicht. Im Hintergrund dieser mangelnden Mitteilsamkeit steht die Angst, ausgelacht zu werden. Erfahrungen, die der Chaosprinz in der Grundschule leider häufig machen musste.
Zeugnisse, also. Ich werde nicht müde, dem Chaosprinzen immer wieder zu versichern, dass diese Zahlenskala eine völlig willkürliche ist. Dass eine Zahl zwischen Eins und Sechs lediglich die unzureichende Perzeption des Lehrers wiedergibt, nicht aber den tatsächlichen Wissenstand des Schülers. Dass Bewertungen subjektiv sind. Ich erkläre ihm jedes Semester, was Ermessensspielräume der Lehrer sind. Dass Lehrer auch nur Menschen sind, die mit Wasser kochen, und dass ich viele von ihnen selbst gerne mal unterrichten würde. In deutscher Grammatik und Rechtschreibung zum Beispiel.

Es nützt nicht viel, dass seine Mutter, selbst Opfer des deutschen Schulbetriebs und trotzdem Trägerin der allgemeinen Hochschulreifemedaille und Besitzerin eines validen Universitätsdiploms, Zeugnisse nicht so furchtbar wichtig nimmt, der Chaosprinz fühlt sich jedes Semester am Zeugnistag schlecht. Deshalb spielen wir seit heute ein neues Spiel in diesem Haus, das Zeugnisquartett. Und das geht so: Ich suche mein Zeugnis des betreffenden Semesters heraus und dann wird verglichen. Für jede Note, die einer von uns beiden besser ist als der andere, gibt es einen Punkt.
In diesem Semester führt der Chaosprinz mit vier Punkten vor seiner Mutter. Das hebt die Stimmung gewaltig.

Ich bin vor allem erleichtert, dass ich dieses Semester keine langatmigen Gespräche über die weitere Schullaufbahn meines Kindes führen muss, auch wenn die Lehrer mit großen Sorgenfalten darauf blicken. Das ist diesem defizitorientierten System immanent, soviel habe ich in den vergangenen vier Grundschuljahren bereits gelernt. Dass, ganz gleich was das Kind kann, immer nur beobachtet wird, was es nicht kann. Dabei ist es nicht einmal wichtig, ob das tatsächlich so ist. Ein gutes Beispiel dafür lieferte dieses Semester der Mathelehrer, der behauptete, der Chaosprinz würde nie seine Hausaufgaben machen. Beweisen konnte er diese Behauptung nicht und als der Chaosprinz ihm seine Hefte vorlegte, um das Gegenteil zu beweisen, wischte der Mathelehrer sie mit der Ausrede, keine Zeit dafür zu haben, einfach fort. Sowas funktioniert wohl auch nur im Universum Schule.

In den vergangenen Tagen habe ich mich damit befasst, meine Ordner auszumisten. Eine Arbeit, die ich nur sehr ungern mache. Ich hefte alles ab, also keine blauen Mülltüten im Keller, aber ich gucke mir den Kram nur ungern ein zweites Mal an. Jedenfalls fand ich neben meinen alten Zeugnissen auch eine Notiz meiner wundervollen Lehrerin Schwester Angela. Wenn es einen Menschen gibt, dem ich meine Schulbildung zu verdanken habe, dann wohl ihr. Und ganz sicher nicht nur meine Schulbildung.
Nun bin ich in einer völlig anderen Zeit zur Schule gegangen. Obwohl wir auch 36 Schülerinnen in der Klasse waren, hatten unsere Lehrer zum Ziel, uns auch wirklich etwas beizubringen. Wir lagen ihnen am Herzen. Schwester Angela führte das nachmittägliche Silencium, und während ich das schreibe, fällt mir auf, wie viel Arbeit und Mühe ihr das gemacht haben muss. Sie war eine wunderbare Nonne, klein und alt und ehrwürdig, und selbst meine Mutter machte unwillkürlich einen Knicks vor ihr, als sie ihr zum ersten Mal die Hand reichte. Schwester Angela begegnete jeder ihrer Schülerinnen mit ungeheurer Wertschätzung. Nicht, dass sie nicht auch wirklich streng gewesen wäre. So bestand sie auf dem Knicks ihrer Schülerinnen, wenn sie sie nachmittags begrüßten, und auf der Schürze, die wir bis zur achten Klasse tragen mussten, um unsere Kleidung nicht schmutzig zu machen.

Meine Mutter war nur selten in der Schule. Sie arbeitete als Leiterin der Apotheke in einem großen Krankenhaus und hatte keine Zeit, zu Schulaufführungen oder Elternsprechtagen zu kommen. Eines Abends, als wir in der Aula gerade „Mary Poppins“ vor Publikum aufführten, war meine Mutter gekommen, um mich abzuholen. Da sie etwas zu früh war, schlich sie in die Aufführung und drückte sich an die Wand. Schwester Angela saß ganz vorne in der ersten Reihe und sah meine Mutter hereinkommen. Sie winkte sie heran und bot ihr ihren Stuhl an. Dann sah sie sich um und sagte laut vernehmlich: „Ich habe keinen Stuhl!“ Der Direktor, der Konrektor und drei weitere Lehrer standen sofort auf, um ihren Stuhl anzubieten. Meine Mutter blieb auf dem Stuhl sitzen und ich war komplett begeistert, dass sie mir dabei zusah, wie ich als Dienstmädchen Ellen hinter Mrs. Banks her tanzte.
Am nächsten Tag gab Schwester Angela mir eine kleine Notiz für meine Mutter mit, in der sie sich dafür bedankte, dass meine Mutter die Zeit gefunden hatte, zur Aufführung in die Aula zu kommen. Meine Mutter hatte die Notiz behalten, ich fand sie Jahre später in einem der blauen Müllsäcke im Keller und habe sie seither auch aufbewahrt. Sie erinnert mich daran, mit wie viel Wertschätzung und Freundlichkeit, Wohlwollen und Zuneigung Schwester Angela uns begegnet war.

Schwester Angela gibt es schon lange nicht mehr. Sie starb irgendwann in den frühen Neunzigern und ich hab nicht mehr die Gelegenheit bekommen, mich für ihre schützende und führende Hand zu bedanken. Ich hoffe, sie weiß jetzt, wie viel sie mir bedeutet hat, auch wenn ich das damals vielleicht nicht immer zu schätzen gewusst habe.

P.S: Nehmt eure Kinder heute fest in den Arm! Gratuliert ihnen zum Semester, tröstet sie, falls nötig, und macht euch klar, dass Noten nichts sind, was eure Kinder auch nur im Ansatz definiert. Draußen fällt leise der Schnee, und der wird vielleicht auch in vierzig Jahren fallen, wenn eure Kinder auf den heutigen Tag zurückblicken und sich erinnern, wie es für sie war am Zeugnistag.

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Heiligabend

Was planst du für Weihnachten, frage ich meine Freundin über Viber.
Nichts, sagt sie, ich werde zu Hause sein, allein. Und ihr?

Ich erinnere mich an ein hübsches Kleidchen aus tiefdunkelblauem Samt und weißen Satinschleifen im geflochtenen Haar. Seit dem frühen Morgen hat meine Mutter den Tag in der Küche verbracht, ich war überall im Weg. Am Vormittag durfte ich im ganzen sorgfältig geputzten Wohnzimmer einen Sack Heu auf dem Boden verteilen. Jetzt dämmert es schon langsam. Der Esstisch ist festlich gedeckt, für uns Kinder ist der Küchentisch vorgesehen, ich wippe ungeduldig auf meinem Stuhl und warte gespannt auf das erste Klingeln an der Haustür.
Ich erinnere mich an den hübsch geschmückten Weihnachtsbaum, der noch vom 24. Dezember dort steht, und daran, wie meine Mutter eine Schallplatte mit geistlicher Musik auflegt. Auf dem Herd kocht der Raki und verströmt einen süßlichen Duft. Wenn sich alle im Wohnzimmer versammeln, wird das Vaterunser gesungen, vier vorher bereitgestellte Walnüsse werden in die vier Himmelsrichtungen geworfen; in den nächsten Wochen werde ich einige von ihnen durch Zufall beim Spielen wiederfinden.
Während die Gäste Platz nehmen, öffnet meine Mutter eine erste Flasche Rotwein, schenkt ein halbes Glas voll ein und schüttet es schwungvoll aus dem Handgelenk über das blütenweiße Damast Tischtuch.
Auf dem Tisch stehen dreizehn unterschiedliche Fastenspeisen, dazwischen hat meine Mutter die polierten silbernen Kerzenständer aus ihrem Elternhaus aufgestellt. Es wird viel gelacht an den Tischen, viel erzählt. Manchmal schleicht eines der Kinder zum Wohnzimmer, um einige Gesprächsfetzen aufzufangen und sie uns am Küchentisch brühwarm zu erzählen. Am Hausaltar brennt das Ewige Licht, um das wir uns nach dem Essen alle versammeln, um gemeinsam das Weihnachtslied zu singen. Dann fahren wir in einem Konvoi zur Kirche.
Von überall strömen sie in dieser Nacht herbei. Manche sind einen langen Weg gefahren, um pünktlich zu sein. Die Kirche ist mit trockenen Eichenzweigen geschmückt, der Boden ist mit Heu bedeckt, der Weihnachtsbaum, der Badnjak, steht hinter der Ikonostase bereit. Während der Liturgie spielen wir Kinder im Vorgarten oder helfen den Frauen in der Küche. Wir freuen uns auf die kleinen Pakete mit Nüssen, Orangen und Süßigkeiten, die wir bekommen werden und auf das große Weihnachtsfeuer. Hin und wieder schlüpfen wir durch die Menschenmengen zu unseren Eltern, um zu sehen, wie weit die Liturgie ist.
Schließlich ertönt der freudige Ruf. Auf den Ausruf des Bischofs „Christ ist geboren!“ antwortet die Gemeinde „Wahrlich, er ist geboren!“ Ab jetzt wird dies der einzige Gruß für die nächsten Tage sein.
Die Popen kommen aus der Kirche auf den Vorplatz, begleitet vom Chor, der das Weihnachtslied singt. Dahinter tragen ein paar starke Männer den Badnjak. Während das Feuer brennt, laufen wir Kinder in die nun leere Kirche und erhalten unsere liebevoll gepackten Pakete, bevor die Erwachsenen wiederkommen, um einen Eichenzweig für Zuhause mitzunehmen. Auf dem Vorplatz werden Sardinenbrötchen und heißer Raki gereicht. In einem der Gläser befindet sich eine Münze, Glück für ein ganzes Jahr.
Eine Gruppe Romamusiker hat ihre Instrumente ausgepackt und spielt am Feuer. Ich werde langsam müde und verschütte etwas Fanta auf meinem Kleid.
Auf dem Heimweg schlafe ich schon im warmen Auto ein. Meine Mutter trägt mich ins Bett. Einmal werde ich kurz wach, dann übermannt mich bleierne Müdigkeit. Am nächsten Morgen, das weiß ich, wird mich der Duft eines frisch gebackenen Brotes, der Cesnica, wecken.


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Am Samstag habe ich meine Hausaufgaben gemacht.

Ich nehme mir vor zu schreiben. Ich nehme mir vor zu schreiben. Ich nehme mir vor zu schreiben, denn Schreiben ist ein Muskel, der trainiert werden will. Und wenn ich auch sonst nicht viel vom Trainieren verstehe, so wenigstens das. Als der Chaosprinz seine ersten Texte für die Schule schreiben musste, habe ich ihm diesen Trick verraten. Schreib immer einen ersten Satz hin, hab ich ihm gesagt, dann ist das Weiß des Papiers gebrochen und die Hemmschwelle überwunden. Gemeinsam suchten wir nach einem, der immer geht. Damals mussten sie montags über ihr Wochenende schreiben. Wir einigten uns auf den Satz: „Am Samstag habe ich meine Hausaufgaben gemacht.“ Fällt das nicht auf?, fragte der Chaosprinz.
Der Chaosprinz hatte dahingehend nichts zu befürchten, denn er meldete sich dafür nie. Er fand, es ginge niemanden etwas an, wie er seine Wochenenden verbrachte, und wunderte sich darüber, warum die übrigen Schüler seiner Klasse so heiß darauf brannten, von ihrem Wochenende zu berichten. Deshalb dachte er sich seine Wochenenderlebnisse einfach aus. Im Sommer war er immer im Schwimmbad, im Winter hatte er immer einen Film geschaut. Etliche Texte, die alle dasselbe enthalten, perfektionierte Eintönigkeit zu gefälligen Sätzen geformt. In vier Jahren wurde er nur ein einziges mal drangenommen. Hinterher berichtete er, dass sie ausgerechnet an jenem Wochenende überhaupt keine Hausaufgaben aufbekommen hatten. Er hatte seinen ersten Satz deshalb einfach weggelassen und nur den erdachten Rest vorgelesen.

Mit dem Neuen Jahr ist es ja so, dass es gerade zu Beginn anfängt zu rennen. Die Zeit rast in einem atemberaubenden Tempo, dass Februar ist, bevor man sich im neuen Jahr überhaupt orientieren konnte. Aus Angst, den Januar auch dieses Jahr wieder komplett zu verpassen, versuche ich mich in bewusster Langsamkeit. Achtsam fülle ich den Wasserbehälter auf, lege den Filter ein, befülle ihn mit Kaffeepulver und sehe dann dabei zu, wie die braune Brühe langsam in die Glaskanne läuft. Die Suppenfreundin ist zur Arbeit gefahren, die Jungs schlafen noch tief. Ich will den frühen Morgen festhalten, aber er gleitet mir aus den Händen und zerschellt auf dem Fliesenboden. In Zeitlupe sehe ich ihn achtsam fallen, kann ihn aber nicht aufhalten. Um mich herum tobt der Alltagswahnsinn aufgelaufener Jahre, darin macht auch das Neue keine größeren Unterschiede. Als würde das Zusammentreffen der Zeiger um Mitternacht des ersten Januars irgendetwas daran ändern. Hoffnung habe ich immer, doch schon in der ersten Woche holt mich die Realität krachend auf die harten Fliesen der Realität zurück.

Die stumpfe Helligkeit, die von draußen kommt und alles in den grauen Farbtopf taucht wie in alten Filmen, fördert nicht gerade meine gute Laune. Ich vermisse die Kälte eines anständigen Winters und die Freuden des strahlenden Schnees. Wie jedes Jahr nehme ich mir auch dieses vor, den kommenden Winter in irgendeinem eingeschneiten, vereisten Kaff an einem warmen Kamin zu verbringen, eingewickelt in meine selbstgestrickte Restedecke, Bettsocken an den Füßen und einen weichen Loop um meinen Hals. Ich möchte süßen, goldfarbenen Kräutertee aus einer bauchigen Kanne und leckere Plätzchen, die von Weihnachten übrig geblieben sind. Ein gutes Buch in meiner Hand, von dem ich von Zeit zu Zeit aufblicke, um aus winzigen Sprossenfenstern zu beobachten, wie die Welt da draußen langsam zugrunde geht. So ließe sich die Winterzeit auch gut ertragen. Im kleinen Schachtelhaus, das in seiner luftigen Bauweise auf die Freuden einer wärmeren Jahreszeit abstellt, bieten die bodentiefen Fensterfronten zu allen Seiten einen mehr als tristen Blick auf das angegraute Ambiente. Da helfen auch die selbstgestrickten Socken und der goldwarme, süße Pfefferminztee aus der bauchigen Kanne nur wenig. Dabei fällt mir ein, dass ich heute ja noch Plätzchen backen wollte, denn morgen ist Heiligabend.

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